Hanfanbau in Groß-Alisch
Der Hanfanbau war für die Groß-Alischer Bauern wie auch für viele andere siebenbürgische Gemeinden genau so wichtig wie der Anbau von Weizen, Mais, Gerste, Hafer oder die Tierzucht. Das Hanf verarbeitende Gewerbe hatte für unsere Vorfahren die gleiche Bedeutung wie der Ackerbau oder die Herstellung von Werkzeugen.
Bis zur Agrarreform, der Enteignung von Grund und Boden am 06.03.1945, baute jeder Bauer Hanf an und zwar auf einem seiner fruchtbarsten Böden. Nach der Kommasation (Flurbereinigung) im Jahre 1930 wurden von der Gemeinde rechts und links des Groß-Alischer Baches, nahe der Großen Kokel, zwei Felder für den Hanfanbau bereitgestellt. Man nennt sie heute noch die Hanfau. Es war erstklassiger Boden und jeder Bauernhof erhielt „Af der Honefaa“ eine Parzelle von ca. 1500 m2 (15 Ar) zugeteilt.
Obwohl Hanf im Wechsel mit anderen Kulturen zur Bodenverbesserung sehr geeignet ist, wurde er in Groß-Alisch aus Mangel an erstklassigem Boden Jahr für Jahr auf derselben Fläche angebaut. Er war schon von unseren Vorfahren von der Dreifelderwirtschaft ausgeschlossen.
Nach dem Krieg wurden die sächsischen Bauern enteignet, die Hanfauwurde verstaatlicht und ein paar Jahre später mit Häusern bebaut. Es entstand ein neuer Dorfteil, „Af der Aa“(Die Aue).
Die rumänischen Neubauern bauten Hanf nur noch verstreut an. Der Boden wurde teilweise von Staatsgütern verwaltet, die keinen Hanfanbau mehr betrieben. Als jedoch viele Weinberge neu angelegt wurden, bauten die Staatsgüter nur so viel Hanf an, wie in den Weingärten als Bindematerial gebraucht wurde. In Groß-Alisch war das 1 ha Hanf für 130 ha Weingarten.
1952 gründeten die Neubauern in Groß-Alisch die erste Kollektivwirtschaft kommunistischer Prägung, die auch wieder Hanf auf größeren Flächen anbaute. Auf diesen Feldern wurde der reife Hanf nicht mehr gepflückt, sondern abgemäht oder mit der Sichel geschnitten. Die Wurzeln blieben in der Erde. Die Ernte wurde auf der Basis von Verträgen an staatliche Hanfröstereien geliefert, wo die Wasserröste in großen Bassins stattfand. In der Nähe von Groß-Alisch war eine Rösterei in Elisabethstadt und eine in Weisskirch bei Schäßburg. Beide sind inzwischen geschlossen. In Groß-Alisch gab es im Jahre 2009 kein Hanffeld mehr.
Verwendung von Hanf auf dem Bauernhof
Hanf wurde hauptsächlich wegen der Hanffaser angebaut, welche auf dem Bauernhof unentbehrlich war. Bis in die 50er Jahre wurden in Groß-Alisch Stoffe aus Hanf gewebt für Bettwäsche, Hand- und Küchentücher, Säcke für Getreide, Strohsäcke, Tischdecken, Kleider sowie Seile aller Art gedreht („Nur selten ist ein Seil zerronnen, das aus dem Hanf zurechtgesponnen“).
Der gesamte Produktionsprozess, vom Hanfanbau bis zum gewebten Tuch, spielte sich innerhalb der Familie ab, wobei die meisten damit zusammenhängenden Arbeiten von Frauen verrichtet wurden. Nachdem die getrockneten Blätter vom Stängel getrennt worden waren, überbrühte man sie mit kochendem Wasser und verfütterte sie an die Schweine. Die Schäben wurden für Tierstreu und als Feuerbeschleuniger beim Holzofen verwendet. Der Same war ein Nebenprodukt. Hanfstängel wurden als Bindematerial im Weingarten oder im Garten sowie bei der Ernte von Maisstängeln genutzt.