Asklepios, der Psychologe in der Heilkunst
„Zuerst das Wort – dann die Pflanze – zuletzt das Messer!“ Dieser Ausspruch wird dem griechischen Gott der Heilkunst „Asklepios“ ("Aesculapius", „Äskulap“), Sohn des Apolls und der Koronis, als Leitspruch zugedacht. Wie Ausgrabungen von Asklepios-Kultstätten und - Kuranstalten zeigen, handelten seine heilenden Priester nach diesem Grundsatz und maßen der tiefenpsychologischen Aufarbeitung von Träumen, Problemlösungen durch Gespräche, Besuchen von Theater- und Musikaufführungen und von sportlichen Wettkämpfen, die zu Ehren seines Göttervaters Apoll veranstaltet wurden, große Bedeutung zu. Es wurde neben der medizinischen Behandlung für Entspannung und Heiterkeit gesorgt, um dem kranken Menschen eine ganzheitliche Heilungschance zu geben.
Der Ablauf der Therapie der Heilungssuchenden war mit großem psychologischen Verständnis für den Menschen erstellt. Sie erforderte die persönliche Mitarbeit des bzw. der Erkrankten und förderte den tiefen Wunsch, gesund zu werden:
- Am Beginn stand die kultische Reinigung der kranken Person an einem der zahlreichen Brunnen bzw. im Brunnenhaus. Mit einem Opfer an den Vater des Asklepios, an Apollon, der neben zahlreichen Götterämtern auch für Heilung zuständig war, wird um dessen Unterstützung gebeten.
- Dem / Der Erkrankten wird für seinen Heilschlaf ein Platz im Schlafsaal zugewiesen und ein Schlaftrunk (Geheimrezept der Priester) verabreicht, um im Traum durch den Gott Asklepios selbst zu erfahren, welche Heilmethode für ihn / sie die beste wäre.
- Es folgen Gespräche mit einem Arzt-Priester über die anzuwendenden Heilverfahren. Dabei konnte es sich um Bäderkuren, Entspannungskuren, aber auch um operative oder medikamentöse Verfahren, die an Ort und Stelle angeboten und genutzt wurden, handeln. Heilpflanzen waren da immer ein wichtiger Bestandteil!
- Für den Zeitraum der Behandlung bezog der / die Patientin ein Zimmer im Gästehaus und hatte die Möglichkeit zusätzlich zu den Behandlungen das kulturelle Angebot und die Bibliothek zu nutzen.
Die größte dieser „Kuranstalten mit angeschlossener Klinik“ kann in Epidauros (Griechenland, Peloponnes) heute noch besichtigt und bei Theateraufführungen und Konzerten im bestens erhaltenen Amphitheater, das 14.000 Besuchern fasst, erlebt werden. Epidauros war ca. 1000 Jahr lang in Betrieb, bis 500 n. Chr., was auf eine hohe Erfolgsquote schließen lässt! -
Reste eines großen Heiligtums des Asklepios aus dem 4. Jh. v. Chr. können in Butrint, Albanien, besichtigt werden.
Auf der griechischen Insel Kos liegt mit Blick auf Kleinasien in tiefem Grün eingebettet das weltberühmte „Asklepieion von Kos“, das älteste Krankenhaus der Welt. Es soll von Hippokrates, dem berühmtesten Arzt der Antike, gegründet worden sein. In seine Mauer wurde das älteste (und harmloseste) Theriak-Rezept eingemeißelt: Die Ärzte des klassischen Griechenland versuchten die Bisse giftiger Schlangen mit einer Kräutermixtur aus Anis, Fenchel und Kümmel zu behandeln. Die Arznei nannte man Theriak.
Die Ruinen der terrassenförmig gestalteten Anlage mit Tempel und Behandlungszimmern können übrigens besichtigt werden!
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Der Heilgott Asklepios stützt sich auf einen Stab und füttert eine Schlange mit einem Ei. Daneben ein Altar mit einem Opferfeuer.
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Am Beginn der Therapie stand die kultische Reinigung der kranken Person an einem der zahlreichen Brunnen.
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Den Heilungssuchenden wurde ein Schlaftrunk (Geheimrezept der Priester - die Verwendung von Schlafmohn ist wahrscheinlich) verabreicht, um durch die Wahrnehmung von Schattengestalten und durch Träume von Asklepios, dem Heilgott, selbst Zeichen über ihre Erkrankung und Heilung zu erfahren.
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Gemäß dem antiken Leitspruch "Zuerst das Wort - dann die Pflanze - zuletzt das Messer", der Asklepios zugesprochen wird, nahm das Patientengespräch eine bedeutende Position ein.
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Ein Raum im Asklepiosheiligtum von Epitauros, Griechenland.
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Amphitheater im Asklepiosheiligtum von Epitauros, der bedeutendsten antiken Kultstätte für den Heilgott Asklepios in Griechenland, Peleponnes, Region Argolis.