Flechten entbittern, Flechtenmehl, Flechtensalat
Der nachfolgende Text beschäftigt sich am Beispiel des Isländischen Mooses eingehend mit dem Entbittern von Flechten und enthält auch Anleitungen für Flechtenmehl und Flechtensalat.
Isländisches Moos entbittern
Wird „Isländisches Moos“ nicht als Arznei, sondern als sättigendes Nahrungsmittel genutzt, sind weniger seine bitteren Flechtensäuren erwünscht, sondern seine sämigen, sättigenden Kohlenhydrate, die zart nach Champignons schmecken. Dazu wird es gekocht. Nur in Ausnahmefällen wird Isländisches Moos notgedrungen roh gegessen, um in Ausnahmesituationen eine Überlebenschance zu haben.
In einer gelegentlichen Moossuppe oder pikanten Moosgrütze stören die ungiftigen, auch medizinisch wirkenden Flechtensäuren nicht unbedingt. In der alltäglichen oder auch süßen Grütze sowie vor allem im Brot und in Brötchen, die mit Islandmoos gebacken und als Grundnahrungmittel verspeist werden, möchte man sie aus geschmacklichen Gründen - und auch aus gesundheitlichen Gründen - nicht haben. Schließlich nimmt man mit diesen Speisen doch viel mehr Islandmoos zu sich als mit Islandmoos-Tee oder Flechtensirup!
Wie kann man Isländisches Moos entbittern ?
Dazu gibt es 2 Möglichkeiten:
- Entbittern durch heißes Wasser mit Wasserwechsel, so wie es die Samen der Nordländer seit Urzeiten praktizieren, (siehe Bayrhammer Seite X) und wie es auch für einen mitteleuropäischen Haushalt praktisch ist, denn hier werden nur kleine Mengen verarbeitet.
- Entbittern durch Pottaschenlauge
1 Menge Isländisches Moos |
1 Menge Wasser , bereits kochendes |
- In kleinem Rahmen kann man auch aus den durch heißes Wasser entbitterten Flechten FLECHTENMEHL fabrizieren, jedoch nicht durch Mahlen:
- Man seiht sie ab und drückt sie dabei gut aus.
- Flach auf ein Backblech ausgebreitet werden sie bei 40° - 45° im Backofen durch und durch getrocknet und anschließend fein gemixt.
- In einem Schraubglas verschlossen aufbewahren.
- Man kann das Flechtenmehl gut zum Würzen von Brot, Nockerl, Gnocchis, Frittata, Suppen etc. verwenden oder sich öfters ein Flechtengelee daraus zubereiten!
- Möchte man das Islandmoos als FLECHTENSALAT genießen, wird es für den Entbitterungsvorgang nur grob zerteilt, dafür bei 2 Entbitterungsvorgängen länger gekocht (Kostprobe machen!) und anschließend nach Belieben als Salat angerichtet.
Diese Form der Entbitterung des Isländischen Mooses, für die man Pottasche und viel Wasser benötigt, beschrieb 1818 Bayrhammer in seinem Buch „Praktische Anweisung zum Gebrauche der Isländischen Flechten“ auf Seite 20 ausführlich und machte sie bekannt.
Sie stammt aus einer Zeit, in der die Isländische Flechte gesund war und häufig vorkam und hatte den Vorteil, dass die entbitterten, nassen Flechten in großem Umfang sowohl sofort für Brei / Grütze, Suppe, Salat und Brot verwendet werden konnten, als auch vor allem, wieder ganz durchgetrocknet, in Mühlen gemahlen wurden und als FLECHTENMEHL platzsparend und jederzeit einsatzbereit aufbewahrt werden konnten.
Das Flechtenmehl wurde, wenn es nicht nur zum Würzen verwendet wurde, vor seinem umfangreicheren Einsatz stets zu Brei gekocht, auch wenn man es als Streckmehl zum Brotbacken verwendete.
Für Brot-Backinteressierte: Der Flechtenbrei für das Brot wird als Brotflüssigkeit gerechnet. Trockenes Flechtenmehl wird, wenn schon, nur als kleiner Prozentsatz dazugegeben, und der Teig muss dann weich gehalten werden, da trockene Flechten ja viel Wasser aufnehmen. Auch wenn sie zerkleinert sind.
Ein gut durchführbares Rezept für ein feines Flechtenbrot, das man sich öfters backen möchte, finden Sie hier auf WILDFIND!
Da man für diese Art der Entbitterung Pottasche benötigt, stellt sich die Frage: Wie kommt man an Pottasche?
Pottasche (= Kaliumcarbonat) kann man nicht nur in kleinen Päckchen in der Backabteilung eines Supermarktes, im Reformhaus, Drogeriemarkt und in der Apotheke kaufen, sondern man kann sie selber machen, was früher allgemein üblich war, aber heute ein einfaches, spannendes Experiment verspricht!
Man benötigt dazu nur Holzasche, Wasser und eben – Pötte (= Töpfe), wovon der Name dieses weißen Pulvers stammt. - Wie man Pottasche selber macht, finden Sie hier auf dieser WILDFIND-Seite.
So wird mit Pottasche entbittert:
Man nimmt dazu eine schwache Pottaschenlauge, damit nicht die Kohlenhydrate der Flechte ausgelöst werden, sondern nur die bitteren Flechtensäuren, die als Arzneimittel wirken. Sie wären jedoch in dieser Menge dem Gaumen und der Gesundheit abträglich!
- Flechten unzerteilt in 1% Pottaschelösung 48 – 72 Stunden liegen lassen, dabei zeitweise kräftig bewegen.
- Lösung ablassen bzw. abseihen.
- Eine Kostprobe abwaschen und probieren.
- Prozedur evtl. wiederholen.
- Wenn der Geschmack passt, werden die Flechten in fließendem Wasser gut ausgeschwemmt.
- Dabei Verschmutzungen, auch jene, die sich in den faltigen Vertiefungen halten, entfernen.
- Durch das Waschen verliert sich auch der Laugengeschmack ganz.
TROCKNEN
Die entbitterten, nassen Flechten wurden / werden zum Teil gleich verwendet, zum Großteil jedoch als Vorrat angelegt. Dazu werden sie getrocknet und zerkleinert. Die Feinzerkleinerung zu FLECHTENMEHL wurde früher in Mühlen durchgeführt. Heute kann diese Aufgabe für kleine Haushaltsmengen ein Mixer erledigen.
So bekam und bekommt man immer noch die entbitterten Flechten trocken und klein:
- Auf Horden aus Flechtwerk von Weiden oder Fichtenwurzeln bzw. Schilf, Hopfenreben oder Binsen (ein Gitterrost tut's auch ;) schattig und warm vortrocknen.
- Anschließend kommen sie in Säcke gefüllt bei 40° - 45° in die Nachwärme des Backofens und werden darin getrocknet, bis sie total spröde sind.
- Es ist nun ein Leichtes, die Flechten zu zerkleinern, indem man mit einem Nudelholz – oder wie früher mit Dreschflegeln ;) - auf die Säcke einschlägt.
- So zerkleinert werden sie in einer Mühle zu grobem Flechtenmehl gemahlen - oder in der Küche gemixt.
- Das Flechtenmehl bleibt von Natur aus vor Schadinsekten verschont, muss jedoch lufttrocken, also dicht verschlossen, aufbewahrt werden, denn Flechten ziehen auch in diesem Zustand Feuchtigkeit an und Schimmelpilze könnten sich darauf vermehren.