Vinschgauer Brot
Die durch den "Südtiroler Brotklee" typisch duftenden und aromatisch schmeckenden Vinschgauer Brote, oft liebevoll als „Vinschgerlen“ und "Paarlen" bezeichnet, stammen aus Südtirol. Von hier aus fanden sie auf der ganzen Welt ihre LiebhaberInnen! Besonders gut schmecken diese Roggen-Fladenbrote zu Salat, Speck, Käse und zum "Rötel", dem Südtiroler Rotwein! Dazu werden die handtellergroßen Vinschgerlen, wie sie im Vinschgau jetzt viel angeboten werden, entweder von Hand gebrochen oder quer bzw. auch längs aufgeschnitten, die größeren Laibe allerdings nur längs, original mit der "Brotgrammel" - siehe Foto unten!
Vinschger Laibchen und Vinschger Paarlen bestehen übrigens aus dem gleichen Teig. Bäckermeister Riedl, Glurns im Vinschgau, verrät: „Das Mehl für die Vinschger ist zu 70% Roggenmehl: Dunkles oder helles oder Vollkorn." Durch den Sauerteig sind sie gut verdaulich und bleiben lange frisch.
Die Größe und auch die Mehlzusammensetzung der Vinschgauer Brote werden von Hof zu Hof leicht unterschiedlich gestaltet: Roggenmehl und Brotklee bleiben aber die typischen Vinschger-Zutaten!
Roggenmehl wurde früher zum Auflockern mit etwas Gerstenmehl, das dann vom „besseren“ Weizen abgetauscht wurde, gemischt.
Roggen- und Gerstenmehl saugen etwas mehr Wasser als Weizenmehl, was beim angegebenen Rezept eingerechnet wurde.
Wer gerne 100% Vollkornmehl verwendet, muss damit rechnen, dass die Laibchen weniger aufgehen.
Roggenteig ist ein weicher, etwas klebriger Teig, der kürzer als Weizenteig geknetet wird.
TIPPS:
- Zum Gehen benötigt Roggenteig einen wärmeren Ort als Weizenteig. 30° bis 35° sind ideal. Da vermehren sich die milden Milchsäurebakterien des Sauerteiges gut. Wird der Teig kühler gehalten, vermehren sich die Essigsäurebakterien. Er geht dann langsamer und saurer.
- Zur Hefe / Germ 1 Teelöffel Zucker dazugeben, damit das Gehen schneller startet.
- Der Teig gelingt nicht nur durch Handarbeit, sondern auch mit einer Küchenmaschine oder mit dem Teigprogramm eines Brotbackautomaten.
- Da das Vinschgauer Brot lange frisch bleibt, außerdem sich gut einfrieren lässt, kann man gleich die doppelte oder dreifache Menge der Rezeptangabe backen.
- Infos, wie man einen Ur-Sauerteig selber macht, ihn konserviert, vermehrt, durch Trockensauerteig ersetzt.
2 gehäufte EL Roggensauerteig , = 100 g. Kann durch 2 Esslöffel Trockensauerteig-Pulver + 50 g Mehl + 50 ml lauwarmes Wasser ersetzen werden. |
350 g Roggenmehl , nach Belieben dunkles oder helles oder Vollkorn |
350 ml Trinkwasser , handwarmes. |
20 g Germ , das ist ein halber Würfel Frischhefe. Alternative: 1 P. Trockenhefe (7g). |
150 g Weizenmehl , entweder Type W700 in Ö ( 550 in BRD) oder Vollkorn. Nach Belieben bis zu 50 g Gerstenmehl untermischen. |
1 TL Brotklee , muss sein! |
1 TL Kümmel |
1 halber TL Gewürzfenchel |
1 halber TL Anis |
1 gestrichener TL Salz , = 7 g. |
Aus dem Teig des Vinschgauer Fladenbrotes wird auch das SÜDTIROLER PAARLBROT , kurz als "PAARLEN" bezeichnet, gemacht !
- Nur die Formgebung ist ein klein wenig anders: Man formt noch kleinere Kugeln und setzt jeweils 2 leicht übereinanderlappend auf das Backblech.
- Es gibt Paarlen mit und ohne Vollkorn.
- Literaturtipps für FreundInnen des Bauernbrotes: "Tiroler Brot" v. Brigitte u. Siegfried W. de Rachewitz, "Brot im südlichen Tirol" v. Siegfried W. de Rachewitz.
Zur Zeit, als noch ohne Strom gebacken wurde, buken die Südtiroler Bäuerinnen nur ein- bis zweimal im Jahr und bewahrten die "Vinschger" luftig, kühl und mäusesicher in frei hängenden Stellagen, den "Brothängala", in der Speis (= kühle Vorratskammer) auf.
Man hatte zum Schneiden der Vinschger eigene Brotschneidevorrichtungen, die „Brotbrech“ bzw. „Brotgramml“, „Gramml“, denn diese Brote wurden auch als „Hartbrot“ gegessen.
Im Laufe der Wochen wurden die Vinschger knochentrocken, blieben aromatisch, durften aber nicht zäh und fest wie ein Wetzstein werden.
"Richtig gebacken, spritzen alte Vinschger auseinander, wenn man mit der Faust draufschlägt!" (Bäcker Riedl in Glurns,Vinschgau).
Sie wurden unter viel Kauarbeit verspeist, was den hungrigen Kindern eine Genugtuung war, die Alten aber zum Einweichen und Eintunken des Brotes in Milch, Wein, Wasser oder Malzkaffee veranlasste.